Das Lernobjekt beinhaltet Materialien der Max-Planck-Gesellschaft, im Speziellen das Heft "BIOMAX 27 - Sein oder Nichtsein - wie Viren ihr Überleben sichern".
Inhalt Erst seit gut hundert Jahren wissen wir, dass es sie gibt: Viren. Jene winzigen Gebilde, die sich zwar wie biologische Systeme vermehren, dafür aber unbedingt auf eine Wirtszelle angewiesen sind. Viren verfügen über keinen Mechanismus, der ihre genetische Information abliest und in Proteine umsetzt, und müssen sich deshalb der zellulären Übersetzungsmaschinerie bedienen. Seit Jahrzehnten streiten die Forscher daher, ob sie zur belebten oder zur unbelebten Natur zu zählen sind. Biologen pflegen diese Frage ganz unterschiedlich zu beantworten. Einige zitieren gerne den angesehenen Immunologen und Nobelpreisträger Sir Peter Medawar: Für ihn war ein Virus eine in Eiweiß verpackte schlechte Neuigkeit.
Auf die Spur der Viren kamen gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht Humanmediziner, sondern Pflanzenforscher. Tabak war zu diesem Zeitpunkt in Europa eine wertvolle Einnahmequelle, die europäischen Kulturen aber durch eine Krankheit bedroht: die Tabakmosaikkrankheit. Der deutsche Bakteriologe Adolf Mayer hatte die krankhafte Blattscheckung 1886 erstmals beschrieben und damit den Namen geprägt. Er vermutete ein Bakterium als Krankheitserreger. Die unabhängigen Untersuchungen von Martinus Beijerinck in Holland und Dmitri Ivanovski in Russland zehn Jahre später brachten allerdings ein überraschendes Ergebnis: Der Presssaft erkrankter Tabakpflanzen war nach dem Durchgang durch einen Bakterienfilter zwar frei von Bakterien, blieb aber infektiös. Während Ivanowski ein sehr kleines Bakterium für die Krankheitsursache hielt, spekulierte Beijerinck, dass es sich um etwas „zwischen einem lebenden Organismus und chemischen Molekülen" handeln müsse.
Um der Natur des neuartigen Krankheitserregers auf die Spur zu kommen, musste man ihn isolieren. Wendell M. Stanley von der heutigen Rockefeller University in New York gelang 1935 die Kristallisation des Erregers: Die feinen Kristallnadeln waren unter dem Lichtmikroskop gerade noch sichtbar. Und obwohl die winzigen Nadeln keine Stoffwechselaktivität erkennen ließen, blieben sie hoch infektiös. Stanley benutzte für das Gebilde das lateinische Wort für Gift: Virus. Zwar konnte er noch nicht wissen, dass jede Nadel aus einer großen Anzahl von Viren bestand, doch seine Schlussfolgerung blieb korrekt. Als 1940 das erste Elektronenmikroskop entwickelt wurde, lieferte dieses die Bestätigung für Stanleys Befund: Das Virus besteht in erster Linie aus einer Proteinhülle, die eine Ribonukleinsäure umschließt. Das klang tatsächlich eher nach einem Chemie-Baukasten als nach einem Organismus, und so verwundert es nicht, dass Stanley für seine Forschung 1946 den Nobelpreis für Chemie erhielt - und nicht etwa den für Medizin.
Die Entdeckung erregte weltweit Aufsehen, auch in Berlin. Hier nahm seit 1937 eine zunächst lockere Kooperation allmählich feste Formen an. Es entstand eine Arbeitsstätte für Virusforschung der Kaiser-Wilhelm-Institute für Biochemie und Biologie, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Max-Planck-Institut für Virusforschung in Tübingen aufging. Gemeinsames Modellobjekt der Gruppe war - das Tabakmosaikvirus. Die Berliner Forscher machten sich zunächst daran, den Baustoff Protein näher zu untersuchen. Ihre Versuche deuteten an, dass die infektiöse Wirkung nicht vom Protein auszugehen schien. Doch erst 1956 konnten Gerhard Schramm und Alfred Gierer zeigen, dass die Infektiosität des Virus tatsächlich auf die Ribonukleinsäure zurückzuführen ist. In der Fachzeitschrift Nature vom 14. April 1956 schrieben die Forscher: „We have now obtained evidence that after complete removal of the protein, the ribonucleic acid itself is still infectious."
Serienbeschreibung Die Serie stellt Materialien der Website max-wissen.de bereit, einem Angebot der Max-Planck-Gesellschaft. Neben den Max-Heften im pdf-Format werden Arbeitsblätter, Folien, Hintergrundinformationen und didaktische Überlegungen angeboten.