Das Archiv - eine fächerübergreifende Informationsquelle
Was ist ein Archiv?
Archive sind Einrichtungen für die systematische Übernahme, Erfassung, Ordnung, dauerhafte Aufbewahrung und Erschließung von Schrift-, Bild- und Tonträgern sowie elektronischen Speichermedien aus öffentlichen Dienststellen, anderen Institutionen oder von Einzelpersonen. In der breit gefächerten Archivlandschaft Deutschlands existieren folgende Arten von Archiven: Staatliche Archive - Kommunale Archive der Städte, Gemeinden und Landkreise - Kirchliche Archive - Adels- und Familienarchive - Wirtschaftsarchive - Parlamentsarchive - Parteiarchive - Medienarchive und Universitätsarchive. Die Aufgaben eines Archivs werden entweder in einer Satzung oder in einem Gesetz festgelegt.
Was unterscheidet Archiv und Bibliothek?
Die in Archiven aufbewahrten Schrift-, Bild- und Tonträger sowie die elektronischen Speichermedien, auch als Archivgut bezeichnet, besitzen überwiegend Unikatcharakter. Das bedeutet, die in ihnen enthaltenen Informationen sind in keiner anderen Quelle ebenso vollständig und zugänglich vorhanden. Sie geben somit authentisch Auskünfte über Geschehnisse in der Vergangenheit und können deshalb als Quellen für die historische Forschung dienen. Aufgrund dieses speziellen Charakters stehen sie für Forschungsvorhaben verschiedener Personengruppen wie z. B. Historiker, Sozialwissenschaftler, Familienforscher, Ortschronisten aber auch Lehrern und Schülern im Rahmen schulischer Forschungsprojekte zur Verfügung. Der Zugang zu den Quellen erfolgt anhand von Findhilfsmitteln wie Findkarteien, Findbüchern oder elektronischen Datenbanken.
Bei Bibliotheken ist dies grundlegend anders. Bücher sind z. B. im Ergebnis historischer Forschungen zu dem Zweck entstanden, Wissen und Gedanken an Dritte weiter zu vermitteln. Sie beinhalten aufbereitete Informationen zu einem historischen Thema oder anderen Wissensgebieten. Die in Bibliotheken vorhandenen Publikationen können demzufolge nur Informationen zu dem jeweils aktuellen Forschungsstand vermitteln. Ihr Zugang erfolgt in der Regel über die Suche in einem alphabetischen oder systematischen Katalog.
Neben diesen verschiedenen Charakteristika der Quellen aus Archiven und Publikationen in Bibliotheken besteht ein weiterer wesentlicher Unterschied in der Zugänglichkeit für den Nutzer. Während der Zugang zu Bibliotheken jedem Interessierten ohne speziellen Antrag möglich ist, erfolgt die Benutzung von Archivgut im Rahmen der archivgesetzlichen Bestimmungen. So ist eine Voraussetzung für die Nutzung von Archivgut der Nachweis eines "berechtigten Interesses". Deshalb muss der Nutzer vor Beginn der Archivrecherchen sein Forschungsanliegen bzw. den Zweck der Archivbenutzung formulieren. Dieses Verfahren ist notwendig, weil in den Originalquellen Informationen enthalten sein können, bei denen spezielle Schutzfristen, u.a. in Bezug auf den Personendatenschutz, zu beachten sind. So ist nach § 17 des Thüringer Archivgesetzes vom 23. April 1992 (GVBl. S. 139) die Benutzung von personenbezogenem Archivgut erst zehn Jahre nach dem Tod der betreffenden Person frei. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit hohem Aufwand feststellbar, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person.
Diese Schutzfristen können jedoch im Einzelfall auf Antrag verkürzt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.
Wie sollten sich Lehrer und Schüler auf einen Archivbesuch vorbereiten?
Die überlegte Auswahl des Forschungsgegenstandes ist die wesentlichste Voraussetzung für ein effektives und erfolgreiches Arbeiten mit historischen Quellen. Deshalb sollten vor der Festlegung des genauen Themas folgende Fragen beantwortet werden:
- Zu welchem Zweck wird das Thema bearbeitet (z. B. Kurzvortrag, Projektarbeit, Seminarfacharbeit) und welcher Zeitraum steht für die Bearbeitung zur Verfügung?
- Ist für die Bearbeitung der Thematik das Studium bereits erschienener Fachliteratur oder Veröffentlichungen in anderen Medien ausreichend oder ist zusätzlich eine historische Quellenarbeit erforderlich?
- Gibt es überhaupt historische Quellen zu dem geplanten Thema und in welchen Archiven sind diese zu finden?
Um auf diese Fragen eine Antwort zu finden, muss zuerst recherchiert werden, welche Archive eventuell Quellen zu dem geplanten Thema aufbewahren. Befindet sich das zuständige Archiv nicht in der Nähe der Schule oder des Wohnortes der Schüler, ist zu prüfen, ob ein Archivbesuch überhaupt realisierbar ist. Dabei ist zu beachten, dass Schul- und Fahrzeiten mit den Öffnungszeiten des Archivs koordiniert werden müssen. Für eine Sondierung der Quellenlage empfiehlt sich nach Anmeldung ein Vorgespräch im Archiv sowie eine erste Sichtung der zur Verfügung stehenden Findmittel.
Welche individuellen Vorraussetzungen sind für das Quellenstudium nötig?
Bei der Klärung dieser Frage sind verschiedene Aspekte zu beachten. Zum einen handelt es sich bei historischen Quellen bis ca. 1945 oft um handschriftlich geführte Akten in deutscher Schrift. Eine wesentliche Voraussetzung für die Beschäftigung mit einem Thema aus diesem Zeitraum sind also zumindest Grundkenntnisse im Lesen dieser Schriftart. Zum anderen ist bei zeitgeschichtlichen Themen der Personendatenschutz zu beachten. Als Faustregel gilt hier: Je näher der Untersuchungszeitraum an die Gegenwart reicht und je konkreter sich der zu erforschende Personenkreis benennen lässt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die hierfür in Frage kommenden Akten bestimmten Sperrfristen unterliegen. Gegebenenfalls müsste deshalb rechtzeitig eine Schutzfristenverkürzung für personenbezogene Akten beantragt werden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Archiven unterstützen natürlich Lehrer und Schüler bei der Arbeit mit den Quellen. Sie können jedoch mangelnde konzeptionelle Vorbereitungen sowie fehlende Schriftkenntnisse nicht im Rahmen der Benutzerberatung kompensieren.