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Grunderfahrungen des Informatikunterrichts

Grunderfahrungen des Informatikunterrichts

Für die Mathematik hat Heinrich Winter Grunderfahrungen (1995) entwickelt, die den Anteil des Mathematikunterrichts an der Allgemeinbildung bis zum Abitur umreißen und die inzwischen weitgehend anerkannt sind. Die Konzeption der Grunderfahrungen des Mathematik­unter­­richts wurde auf die Informatik übertragen.

Grunderfahrung 1

Die digitale Revolution hat längst begonnen. In praktisch allen Lebensbereichen trifft man auf Informatiksysteme und ihre Wirkungen. Informatiksysteme gilt es als erstes zu entdecken.   

  • Zeitungen und Zeitschriften enthalten als Beitrag zur Medienkonvergenz mitunter QR-Codes, hinter denen sich Internetquellen verbergen.
  • Im Internet kann man, wenn man auf ein Paket wartet, nachvollziehen, wo es sich gerade befindet.
  • Keine zwei Autos auf dem Produktionsband einer Autofabrik gleichen sich vollkommen. Lieferzeiten von 4 bis 12 Wochen stellen bei dieser Vielfalt an Varianten eine logistische Herausforderung dar. Logistiksoftware hilft bei deren Bewältigung und sorgt dafür, dass im richtigen Augenblick alle benötigten Teile bereitstehen.
  • Kommunikation mittels Mobiltelefonen, E-Mail und sozialer Netzwerke bestimmt zunehmend den Alltag.

Mit dem Entdecken ist es nicht getan, vielmehr will man im Informatikunterricht auch verstehen und bewerten.

  • Mobiltelefone enthalten Telefonbücher, in denen die Einträge in alphabetischer Reihenfolge vorliegen. Man kann sich damit befassen, was ein sortiertes Telefonbuch überhaupt ist und wie es erzeugt werden kann.
  • Zur sicheren Übertragung von Daten bei Mobiltelefonen können beim Ver- und Entschlüsseln ein nichtlineares Schieberegister und die XOR-Operation verwendet werden.
  • Textsysteme bieten die Möglichkeit, Muster im Text zu suchen und sich anzeigen zu lassen. Die Schülerinnen und Schüler lernen einen Algorithmus kennen, den sie auf Beispieltexte und -muster anwenden (in der Sekundarstufe II z. B. das Verfahren von Boyer-Moore).

Wie die Beispiele zeigen, kann Verstehen unterschiedlich in Art und Niveau erfolgen.

Abschließend noch ein Beispiel fürs Bewerten:

  • Der Einsatz von RFID-Systemen in der Kleidung führte zu Protestaktionen. Die Süddeutsche Zeitung titelte dazu am 18. Januar 2012: „Spion im Pullover. Funketiketten im Einzelhandel sind für Verbraucher eine Gefahr“.

Grunderfahrung 2

Zentrale Gegenstände der Informatik sind Algorithmen und Daten. In der Informatik wird ein Problem oder eine Aufgabe häufig dadurch gelöst, dass ein Algorithmus oder Modell entwickelt und als Informatiksystem implementiert wird.

  • Zum ersten betrifft die Grunderfahrung 2 die Tatsache, dass sich menschliche Handlungen, die zu einer Problemlösung führen, auf einen Computer übertragen lassen. Der Computer führt die Handlungen stellvertretend aus. Ein Beispiel sind Angriffe auf Geheimtexte, was in Zeiten der Überwachungsaffäre ein relevantes Thema ist.
  • Zum zweiten geht es um das Erkennen, dass es möglich ist, Teile der Realität in ein Informatiksystem abzubilden. Ein Beispiel sind Kalenderdaten, die im täglichen Leben eines jeden bedeutsam sind.
  • Im dritten Teil wird thematisiert, dass es unter­schiedliche Problemlösungen geben kann – je nach dem Bearbeiter mit seinen Stärken, Schwächen, Ideen, Motivationen usw. Als Beispiel soll ein Computerprogramm genannt werden, das beliebige Jahreskalender erzeugt und in einer ansprechenden Form ausgibt. Die Kalender können unterschiedliche Feiertage enthalten.

Grunderfahrung 3

Ein wesentliches Ziel von Informatikunterricht ist das Entwickeln von Kompetenzen. Bei der Bearbeitung von Aufgaben und Problemen im Informatikunterricht sollte man stets eine Vorstellung davon haben, in welchem Bereich – im Informatikunterricht, in anderen Unterrichtsfächern oder außerhalb der Schule – die erworbenen Kompetenzen angewandt werden können. Zwischen diesen drei Gruppen sollte es ein ausgewogenes Verhältnis geben.

Gerade die Grunderfahrung 3 kann die Berufswahlvorbereitung für diejenigen unterstützen, die einen IT-Beruf ergreifen wollen, weil sie dadurch ein möglichst realistisches Bild von den Tätigkeiten erlangen können, die für die Informatik charakteristisch sind.

Wir fassen die Grunderfahrungen im Informatikunterricht zusammen:

Informatikunterricht ist dadurch allgemeinbildend, dass er drei Grunderfahrungen er­mög­licht:

(1) Informatiksysteme und ihre Wirkungen in unterschiedlichen Lebensbereichen zu entdecken, zu verstehen und zu bewerten,

(2) zu erkennen, dass sich Handlungen, die man tut oder plant, als Algorithmen for­mulieren und ggf. weiter in Programme überführen lassen, dass sich Realitäts­ausschnitte durch Modellierung für ein Informatiksystem aufbereiten lassen und dass Infor­ma­tik­systeme von Menschen gestaltet sind,

(3) in der Auseinandersetzung mit Aufgaben Problemlösungsfähigkeiten zu erwerben, die inner- und außerhalb des Informatikunterrichts und auch außerhalb der Schule anwend­bar sind.

Die Grunderfahrungen sind vielfältig miteinander verknüpft.

Referenzen

  • Bethge, B.; Fothe, M.: Grunderfahrungen des Informatikunterrichts – ein Beitrag zur Frage der Allgemeinbildung von Informatik. In: Breier, N.; Stechert, P.; Wilke, T. (Hrsg.): INFOS 2013, 15. GI-Fachtagung „Informatik und Schule“, Praxisband. Number 2013/3 in Kiel Computer Science Series. Department of Computer Science, Kiel University, 2013, S. 113-121. https://www.numerik.uni-kiel.de/~discopt/kcss/kcss_2013_03_v1.0_print.pdf (S.116)
  • Bethge, B.; Fothe, M.: Grunderfahrungen im Informatikunterricht. Eine kompakte Beschreibung des Beitrags der informatischen Bildung für die Allgemeinbildung. In: LOG IN Heft Nr. 178/179 (2014), S. 36-40
     

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Veranstaltungen

Veranstaltungen

Informatik-Kolloquien der Universität Jena

Kellerkolloquium

Termin: Freitag, 14. November 2014, 11:00–17:00 Uhr

Thema: Keller, Stack und automatisches Gedächtnis – eine Struktur mit Potenzial

Ort: Senatssaal, Universitätshauptgebäude, Fürstengraben 1, Jena

Zielgruppe: Interessierte, Studenten, Lehrer

Programm: Flyer

Didaktik-Kolloquium 2015

Termin: 13. Februar 2015

Ort: Universität Jena, Kleiner Sitzungssaal, Rosensäle, Fürstengraben 27

Zielgruppe: Interessierte, Studenten, Lehrer

Didaktik-Kolloquium zu Ada's 200. Geburtstag

Termin: 10.Dezember 2015

Ort: Universität Jena, Kleiner Sitzungssaal, Rosensäle, Fürstengraben 27

Zielgruppe: Interessierte, Studenten, Lehrer

Ansprechpartner

Ansprechpartner

Prof. Dr. Michael Fothe
Fakultät für Mathematik und Informatik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 2, 07743 Jena

03641/946496

michael.fothe_3fDje8f-hsauni-jena.de

Bernd Bethge
Staatliches Studienseminar für Lehrerausbildung Lehramt an Gymnasien
Gustav-Freytag-Str. 6, 99096 Erfurt

b.bethge_3fDje8f-hsaasg-erfurt.de

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